Forschungspreis der René Baumgart-Stiftung 2005
Brücke zwischen Grundlagenforschung und Lungenmedizin eröffnet neue Behandlungsmöglichkeiten für Lungenhochdruck
Preisträgerin Soni Pullamsetti
bei Forschungsarbeiten
im Labor
Im Rahmen des 46. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie (DGP) in Berlin überreichte heute PD Dr. Ekkehard Grünig aus Heidelberg im Namen der gemeinnützigen Rene Baumgart-Stiftung den mit 5 000 € dotierten Forschungspreis an die junge indische Biotechnologin Soni Pullamsetti. Sie ist damit die zweite Forscherpersönlichkeit, die diese Auszeichnung erhält. Der jährlich ausgeschriebene Preis würdigt Forschungsarbeiten, die sich klinisch oder experimentell mit dem Krankheitsbild des Lungenhochdrucks (Pulmonale Hypertonie - PH) beschäftigen. Die 29-Jährige überzeugte die unabhängigen Sachverständigen mit ihrer Grundlagenarbeit “Increased levels and reduced catabolism of asymmetric and symmetric dimethylarginines in pulmonary hypertension“. Die Publikation liefert Hinweise auf die molekularen Ursachen des Lungenhochdrucks und könnte damit als Grundlage für neue Therapieansätze dienen. Es gelang ihr erstmals, in einer Pilotstudie die Erkenntnisse der Arbeitsgruppe von Dr. Ralph Schermuly aus tierexperimentellen Untersuchungen auf Menschen zu übertragen.
Schlüsselenzym in der Behandlung des Lungenhochdrucks
„Viele wissenschaftliche Arbeiten belegen die zentrale Bedeutung des Gases Stickstoffmonoxid (NO) in den Blutgefäßen der Lunge. Es weitet die Blutgefäße und fördert so die Durchblutung und den lebenswichtigen Gasaustausch in der Lunge. Beim Lungenhochdruck ist die Aktivität von NO herabgesetzt, ohne dass die genaue Ursache hierfür bekannt ist“, so erklärt die Wissenschaftlerin das Ziel ihrer Grundlagenarbeit mit klinischem Bezug. NO steht in einem kontinuierlichen Gleichgewicht mit seinem Gegenspieler, kurz als ADMA (Asymmetrisches Dimethylarginin) bezeichnet, welches die Blutgefäße eng stellt. In ihrer mit dem Preis ausgezeichneten Publikation konnte die 29-Jährige nun die Schlüsselrolle eines wichtigen Enzyms in diesem System beschreiben: Sie fand heraus, dass der Gehalt an DDAH-2 (Dimethyl-arginin-dimethyl-aminohydrolase) sowohl bei tierexperimentell erzeugtem Lungenhochdruck als auch bei Patienten mit Lungenhochdruck erniedrigt ist. Die DDAH-2 bewirkt den Abbau des NO-Hemmers ADMA. Durch die verringerte Aktivität des Enzyms wird die gefäßengstellende Wirkung des ADMA verstärkt und verlängert. Die Familie der DDAH- Enzyme ist noch nicht lange bekannt. Es ist erstmals 1993 beschrieben worden. Nun könnte es sich als Schlüsselenzym in der Behandlung des Lungenhochdrucks erweisen.
Das Krankheitsbild Lungenhochdruck
Lungenhochdruck, medizinisch auch Pulmonale Hypertonie (PH), ist eine seltene Erkrankung, die durch eine starke Verengung der Lungengefäße gekennzeichnet ist. Die Betroffenen leiden bereits bei geringster Belastung oder sogar in Ruhe unter Atemnot, ihre körperliche Leistungsfähigkeit ist erheblich eingeschränkt. Unterschiedliche Ursachen können einen Lungenhochdruck auslösen. Hierzu gehören z.B. die Einnahme von Appetitzüglern, Lebererkrankungen, Bindegewebserkrankungen, HIV-Infektion und angeborene Herzfehler. Es gibt aber auch genetisch bedingte Formen des Lungenhochdrucks, die ganze Familien betreffen.
Der Verlauf der Krankheit ist meist chronisch. Durch die starke Überlastung des Herzens sterben die Patienten häufig in jungem bis mittleren Alter an Rechtsherzversagen. Erst seit wenigen Jahren besteht die Möglichkeit die Beschwerden mit verschiedenen Medikamenten die inhaliert oder als Tabletten eingenommen werden zu lindern. Trotz großer Errungenschaften in der Behandlung des Lungenhochdrucks in der letzten Dekade ist eine Heilung bislang nicht möglich. Verschlechtert sich der Zustand eines Patienten bleibt als letzte Therapieoption nur die Lungentransplantation.
Preisträgerin im festlichen Sari
Soni Pullamsetti kommt ursprünglich aus Hyderabad in Südindien. Nach Abschluss ihres Studiums der Biotechnologie kam sie im Mai 2002 nach Deutschland und integrierte sich schnell in die Arbeitsgruppe von Dr. Ralph Theo Schermuly am Zentrum für Innere Medizin des Universitätsklinikums Gießen. Unter der Leitung von Prof. Werner Seeger und Prof. Friedrich Grimminger hat sich in Gießen ein international anerkanntes Lungenzentrum entwickelt (University of Giessen Lung Center, UGLC). „Hier habe ich ideale Möglichkeiten für meine Forschung gefunden“, schwärmt die Nachwuchswissenschaftlerin des interdisziplinären Zentrums. Sie ist eine der ersten Absolventinnen und engagierte Sprecherin des Internationalen Graduiertenkollegs „Molecular Biology and Medicine of the Lung“ (MBML). Nach anglo-amerikanischem Vorbild erhalten hier zurzeit fast 60 graduierte Studenten aus aller Welt eine spezielle Ausbildung in der molekularen Lungenmedizin, die sie auf erfolgreiche Karrieren in Forschung und Industrie vorbereitet.
Preisverleihung des René Baumgart Forschungspreises. V.l.: Prof. Dr. C. Witt, Tagungspräsident, Prof. H. Köhler, Vorsitzender DGP, B. Kopp, Schriftführer René Baumgart-Stiftung, Soni Pullamsetti, Preisträgerin, PD Dr. E. Grünig, Schatzmeister der René Baumgart-Stiftung
Weitere Informationen erhalten Sie:
Ansprechpartner:
Prof. Dr. med. Werner Seeger
Vorstandsvorsitzender der René Baumgart-Stiftung
Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik II
Universitätsklinikum Gießen
Klinikstraße 36
35392 Gießen
Tel. (06 41) 9942350 /-51 (Sekretariat)
E-Mail:
werner.seeger@innere.med.uni-giessen.de
Internet: http://www.uniklinikum-giessen.de/med2/
Dr. Ralph Theo Schermuly
Medizinische Klinik und Poliklinik II
Klinische Forschungsgruppe „Respiratorische Insuffizienz“
Klinikstrasse 36
35392 Gießen
Tel: (0641) 9942420
E-Mail: ralph.schermuly@innere.med.uni-giessen.de